Meine heutige persönliche Filmkritik:

War of the Worlds
(2015)

Dieser Film hat mir persönlich wieder einmal bewiesen, dass es tatsächlich eine Art Spielberg-Zauber gibt. Die Art seiner Inszenierung, die einen in seinen Bann zieht, wird wieder einmal äußerst deutlich. Gerade in den Momenten bevor Krawall losgeht und das Unheil anschwillt, habe ich mich z.B. sehr an Jurassic Park erinnert gefühlt, was ich uneingeschränkt als Kompliment meine! Die Kamerafahrten, die Blicke und Bewegungen der Akteure, alles für sich nicht spektakulär, aber auf wunderbare Weise irgendwie besonders. Natürlich sind die Effekte um die Zerstörung gigantisch in Ausmaß und Qualität, werden aber wunderbar beiläufig behandelt oder auch nur angedeutet. Zum Beispiel, wenn der brennende Zug einfach mal kurz vorbeirauscht oder die Leichen im Fluss vorbeischwimmen (erschreckend starke Szene!). Das zeigt umso eindrücklicher, dass der Angriff flächendeckend stattfindet und unermessliches Leid geschieht. Da bedarf es keinem digitalen Superpanorama über abgefackelte Landstriche. Kein TADAAA! bei jeder Explosion oder nochmal ein Ransprung an die Gewalt im Detail – es reicht aus, dass die Stürmung des aufgegebenen Autos bei der Fähre nur entfernt durch die Scheibe gezeigt wird. Den wütenden Mob nochmal ranzuholen wäre unnötig und effekthaschend für den Filmstil. Und selbst bei der Riesenschlacht, als der Sohn unbedingt in den Kampf will, sieht man nicht wirklich Kampfgeschehen, sondern nur die angedeutete Auswirkung hinter dem Hügel. Diese Sequenz ist für mich bildlich und gestalterisch ein absolutes Highlight! Die Inszenierung mit überwiegend Rauch und viel atmosphärisch überstrahlten Lichtern und den vielen Farben (obwohl ich bei bunt immer etwas skeptisch bin, da es mir gern zu 'spaßig' wirkt, wenn die verschiedenen Parteien klar erkennbare Geschossfarben haben) hat hier grandios funktioniert; die Szenerie erschien schön 'schmutzig' genug.

 

Der Look der Effekte an sich gehört für mich klar zum Besten überhaupt, da sie perfekt unkünstlich wirken und mit einem grandios glanzlosen Compositing eingesetzt sind. Aber eben grundsätzlich mit dieser gnadenlosen Beiläufigkeit, die um jeden Preis Bombast und Effekt zu vermeiden scheinen will. So ist auch die Kamera unspektakulär und weitestgehend in Augenhöhe und von Hand geführt, und der Schnitt faszinierend gemächlich. Und der Flugzeugabsturz wird einfach mal gar nicht gezeigt. Produktionstechnisch zeigt sich hier allerdings unübersehbar der Bombast einer Big-Budget-Produktion: Laut IMDb wurde eine ausrangierte 747 gekauft und für die Absturzstelle aufbereitet. So habe ich das gern: Echt vor 3D, egal wie aufwändig! All dieser 'Anti-Bombast' trägt dazu bei, dass es nicht in unreflektiertes Popcorn-Geballer abdriftet, und so die unermessliche Tragik der Situation weitgehend nicht verloren geht. 

 

Schön emotional auch die Szene, in der sich Tom Cruise seiner mangelhaften Fähigkeit als Vater bewusst wird, als er nicht mal ein Schlaflied für seine Tochter kennt. Allerdings habe ich persönlich bei Tom Cruise komischerweise immer mal wieder das Problem, dass ich ihn in bestimmten Situationen nicht ganz glaubwürdig und fast schon fehlbesetzt empfinde. Ich kann das gar nicht richtig eingrenzen, an was es konkret liegt und welche Stellen das genau sind, aber ich denke es waren die alltäglichen Situationen zu Beginn des Films, als die eher oberflächliche Familienbindung etabliert wurde. Das hab ich auch in anderen Filmen mit ihm. Die Rolle des aufmüpfigen Sohnes fand ich leicht überzeichnet, aber die Tochter hat toll gespielt! Das Sounddesign hat mir ebenfalls gut gefallen, vor allem dass die Dreibeiner nur diesen eintönigen Klang von sich geben, oder zum Beispiel im Keller bei dem Fremden, wenn sich im Hintergrund das wiederkehrende Getöse und mechanische Stampfen wie eine zerkratze Schallplatte ins Ohr frisst – sehr schön gruselig!

 

Apropos Keller: Die gesamte Sequenz mit dem Späh-Wurm, der Idee mit dem Spiegel, der Konflikt mit dem Fremden und dessen Lösung, während die Tochter die Augen verbunden hat und singt - eindringlich tragisch-spannend inszeniert! Auch hier wieder eine Anleihe von Jurassic Park: Die halbkreisförmige Kamerafahrt, als sich alle vor dem Späher verstecken, gleicht sehr der Sequenz mit den beiden Kindern in der Großküche. Und es geht auch gleich weiter in dem Jeep, der vom Dreibeiner wie vom T-Rex rumgeschubst wird. Toll! Denn es ist eine stilistische Adaption der Inszenierung, und kein Klauen.

 

Musikalisch sehr beeindruckend fand ich, dass sich John Williams ziemlich zurückgehalten hat. Oder zurückhalten musste? Der Score ist erstaunlich dezent und kommt nahezu ohne die Williams-typischen Fanfaren aus, was dem Film unbedingt gut tut – wie erwähnt besteht so weniger die Gefahr, dass es in freudig-lustiges Actionfeuerwerk abdriftet.

 

Die Auflösung ist angenehm unspektakulär und hat mir dadurch sehr gut gefallen, auch weil praktisch keinerlei tieferen Erkenntnisse hinterfragt geschweige denn geklärt werden. Denn die Handlung ist eben ausschließlich aus Sicht des gemeinen Bürgers gezeigt, der in dieser Situation wohl an nicht viel mehr als Überleben und Familie denkt. Dazu passt auch, dass es keine Zwischensequenzen gibt aus dem Bunker-Büro des Krisenstabes oder hohen Militärs oder einem Präsidenten der nach Optionen sucht - was die Authentizität weiter verstärkt.

 

Insgesamt für mich persönlich ein Überraschungs-Hit (ich habe das sicherheitshalber mal mit Bindestrich abgetrennt, um einen Überraschung-Shit zu verhindern), da er mich eigentlich gar nicht gereizt hatte. Außerdem ein Kompliment an die Animatoren der Dreibeiner: Die Dinger widersprechen jeglicher physikalisch-mechanischer Gewohnheit, und dennoch konnte ich sie ohne Probleme als völlig glaubwürdig agierend annehmen. Mein Lieblingszitat während der panischen Autofahrt: 'Waren das Terroristen?' 'Nein, die kommen von wo ganz anders her.' 'Von Europa?' 'NEIN NICHT VON EUROPA!!!'

Sascha Loffl - Filmemacher

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