Meine heutige persönliche Filmkritik:

96 Hours – Taken 2
(2012)

Solide gestalteter Thriller mit handwerklich ordentlichen Action-Einlagen wie schon der erste Teil. Beide sind relativ austauschbar, was aber nicht negativ gemeint ist. Liam Neeson wie gewohnt als beängstigend effizienter Haudegen der Guten, dessen absolut berechnende Geradlinigkeit naturgemäß eine relativ hohe Brutalität mit sich bringt, und gerade deshalb sehr direkt (fast) zum Ziel führt. Und genau hier finde ich diese Fortsetzung stellenweise etwas platt. Hatte man im ersten Teil trotz aller Gewalt immer noch irgendwie das Gefühl, dass er im Recht ist, driftet dies hier an manchen Stellen in eine Gewaltorgie mit Beigeschmack ab. Möglicherweise war dies beabsichtigt, um dem Charakter mehr Tiefe zu verleihen, und zur kritischen Betrachtung anzuregen, aber dafür war es meines Erachtens viel zu wenig ausgeführt.

 

Ein Beispiel: Neeson erschießt auf der Flucht einen Polizisten, von dem man in einem äußerst kurzen Zwischenschnitt sieht, wie er mit dem Bösen telefoniert. Also wäre es innerhalb der Filmlogik vertretbar gewesen, da der Polizist ja korrupt war. Da Neeson das aber nicht wissen kann (zumindest ist mir kein Anhaltspunkt dafür aufgefallen), und es auch ganz lapidar mit 'Ich hatte keine Wahl' abstempelt, kam das eher wie ein unpassender Ausflug ins Amok-Genre rüber, als ein durchdachter, Gut-Böse-differenzierender Feldzug, der eigentlich Kern der Geschichte ist, und den ersten Teil gerade dadurch von den üblichen 0815-Rache-Filmen abgehoben hat.

 

Insgesamt sind die (Ex-)Agenten-Kenntnisse und -Kniffe, mit der der Hauptdarsteller seine Verbündeten nach einer relativ banalen Familien-Ex-Frau-pubertäre-Tochter-Problematik-Einführung lenkt,  durchaus gewieft und clever inszeniert (die Standortsuche auf der Karte mithilfe der Granate, und sein Zählen während er die Augen verbunden hat), sodass über eine ziemlich lange Strecke eine erstaunlich hohe Spannung aufrecht erhalten wird. Ebenfalls positiv herausheben möchte ich den Look, der die aus dem ersten Teil bekannten Doppelbelichtungen nutzt, die ich äußerst schick finde. Genau wie die Titelsequenz, die überwiegend aus stimmungsvollen was-auch-immer-Bildern besteht (Flächen, Lens Flares, Unschärfen), mit Textanimationen, in die ich mich auf Anhieb verliebt habe. Keineswegs das Rad neu erfunden, aber eine relativ gewohnte Machart um einen sehr reizvollen Aspekt erweitert.

 

Leider gibt es einige Stellen, an denen mir persönlich die Sprüche unangenehm doof werden, was im Happy End seinen unrühmlichen Höhepunkt findet, wenn seine Tochter ihren Freund vorstellt, und fröhlich lachend bemerkt: 'Den darfst du aber nicht erschießen - ich mag ihn wirklich gerne…' Also so was find ich echt selten dämlich.

Sascha Loffl - Filmemacher

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