Meine heutige persönliche Filmkritik:

Hänsel & Gretel: Hexenjäger
(2013)

Och jo, für einen belanglosen Popcorn-knabbernden Berieselungs-Abend ist der Film allemal amüsant. Solide gefertige Fantasy-Action, deren Grundidee ich durchaus gewitzt finde bzw. die Umsetzung derselben: Eine Hexenjagd (im wahrsten Sinn), inszeniert mit fast klassischen Elementen eines Ermittlungs- oder Rachethrillers, garniert mit einigen wirklich super Ideen, wie z.B. dass Hänsel vom zwangsweisen Verzehr der Süßigkeiten vom Lebkuchenhaus Diabetes entwickelt hat, oder auch der manuelle Steam-Punk-Defibrillator, mit dem Eduard der Troll wiederbelebt wird ('Wer zum Teufel ist Eduard?' – ein sehr schönes Zitat!)

 

Die Helden sind attraktiv, die Lederanzüge eng, die Waffen groß und erheblich destruktiv (nettes anachronistisch angehauchtes Waffendesign, wie. z.B. die Automatik-Armbrust) und natürlich wird auch viel geschossen und geblutet, was handwerklich routiniert zelebriert wird. Die Waffensegnung war dabei offensichtlich hilfreich und bildet die Grundlage für eine üppige Maschinengewehrsalve einer weißen Hexe, die die besenberittenen magischen Gegner ganz handfest aus der Luft ballert wie ein Kriegsfilm-Schütze die mechanischen Flieger mit dem Flak. Die gesamte Szene als 'Endkampf' ist im Rahmen des Filmstils durchaus spaßig anzusehen. Morbid witzig sind die gespannten Drähte, um die auf ihren Besen flieh(g)enden Hexen wie ein gekochtes Ei durch einen Eierschneider zu pürieren. Überhaupt kommen die Besenritte ganz gut rüber wie ich finde, und auch hier hat mir die Einwebung von klassischen Action-Elementen gefallen, wie z.B. wenn Hänsel am Seil über den Boden gezerrt wird – ganz wie wenn bei einer Autoverfolgungsjagd der Agent sich an die Stoßstange klemmt.

 

An ganz wenigen Stellen, aber doch vorhanden, stieß ich auf sehr gute und kreativ umgesetzte Momente in Bezug auf die Kameraführung: Als Gretel im Hinterhalt verprügelt wird, geschieht das in einer einzigen langen Einstellung; und ihre subjektive Sicht, als sie anschließend vom Troll gerettet wird. Gelungen!

 

Die Musik ist ok, aber auch nicht mehr. Vor allem die Intro- und Titelmusik ist ganz klar Hans Zimmer-geprägt, und sein Name wird im Vorspann sogar VOR dem des (unbekannten) Komponisten genannt, obwohl Zimmer nur als Musikproduzenz tätig war. Hier wollte man sicherlich den wesentlich bekannteren Namen herausheben, oder sogar darauf hoffen, dass beim spontanen Hinhören und -gucken nur 'Musik' und 'Hans Zimmer' hängenbleibt und das Projekt damit aufgewertet wird. Denn bei Hans Zimmer ist es ja tatsächlich so wie bei nur wenigen Filmkomponisten, dass seine Beteiligung bei einem Projekt durchaus auch im Voraus 'eigenständig' wahrgenommen wird, weil er eine enorme Popularität auch außerhalb der Score-Liebhaber hat.

 

Das Casting vor allem von Gretel und der schwarzen Hexe empfand ich exzellent gewählt: Famke Janssens Name hätte sich mir bei so einer Rolle wahrscheinlich auch relativ automatisch aufgedrängt, hat sich doch in zahlreichen anderen Filmen gezeigt, dass sie den Typus 'starke Persönlichkeit mit großer Präsenz' immens gut kann. 'Starke Persönlichkeit' kann ja gut oder böse bedeuten – ich finde bei ihr funktioniert 'böse' und 'sehr böse' besonders gut. Die Femme fatale wie z.B. in James Bond 007: Goldeneye wird hier zur Hexe fatale. Witzigerweise habe ich gerade auch in der Wikipedia geschmökert, und als Beispiel in der Rubrik 'Die Femme fatale im Film' steht genau ihre Rolle in Goldeneye – eine angenehme Bestätigung meines persönlichen Eindrucks. Und Gemma Arterton verkörpert rein optisch wundervoll das unschuldige niedliche Mädchen, und ergänzt ihren Charakter durch ihre Mimik mit einer abgebrüht-herablassenden Attitüde, was mit ihren naturgegebenen Gesichtszügen wiederum sehr gut funktioniert. Ein positiver Teufelskreis – oder Hexenkreis? Auf jeden Fall ein Merkmal von gutem Casting.

 

Vom Drehbuch her wird ihre amazonenhafte Kampflustigkeit durch den unerwarteten Kopfstoß gegen den Amtsrichter auch ziemlich schnell etabliert. Die Handlung an sich ist nett, und der inhaltliche Kreis schließt sich durch die Erklärung der Abstammung der Geschwister auch plausibel, bildet aber vor allem die Rechtfertigung für Verschwörung, Kampf und Zauberaction. Der hochgestochene Schlussmonolog ist unnötig, war aber wahrscheinlich das notwendige Übel, um sich eine Fortsetzung offenzuhalten, die ja inzwischen auch tatsächlich in der Entwicklung zu sein scheint.

 

Interessant zu bemerken ist, dass der Film komplett in Deutschland gedreht wurde, und auch einige Rollen von deutschen Schauspielern gespielt werden, die aber nicht zu der Riege gehören, deren Gesichter man auf Anhieb kennt (mir ist beim Gucken jedenfalls keiner aufgefallen).

 

Insgesamt verdient der Film ein Häkchen auf der Filmliste und ist damit abgehakt.

Sascha Loffl - Filmemacher

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