Ich empfinde einen handwerklich soliden, spannenden, stimmigen Film gesehen zu haben mit interessanten Charakteren, einem tollen bösen Bösen, solider Action und genug Tiefgang. Aber genau darin liegt gleichzeitig mein Problem: Für einen beliebigen Agententhriller wäre mir das genug - aber es war ein Bond. Und im Hinblick auf dieses Erbe hat er mich dann doch nicht ganz befriedigt.
Ich weiß, seit Casino Royale ist ein Reboot der Filmserie im Gang, und es ist konkret gewollt, Bond moderner und realistischer zu machen. Im Stil von 'es gibt keine bösen Russen mehr' und 'wir wissen nicht, wer genau unsere Gegner sind', 'die Zeiten ändern sich', 'neue Besen kehren gut' usw. usw. Mir stellt sich aber die Frage: Wann ist der Punkt erreicht, an dem ich ein Konzept so weit modernisiere, dass ich die grundlegendsten Elemente verliere und dann eher verschlimmbessere? Ja, die Zeiten ändern sich, aber auch in dieser Zeit wünsche ich mir Superschurken mit Narben im Gesicht, die mit geheimen Unterwasserstationen die Weltherrschaft an sich reißen möchten und dazu skurrile Gehilfen wie den Beißer ins Feld führen! Nein, ich möchte den Helden nicht blutverschmiert hinken sehen mit der Begründung, es sei so realistischer und er verletzlicher. Gerade die Action-Sequenzen in den Bond-Filmen haben immer wieder diesen wunderbaren Spagat geschafft, stellenweise fast schon absurd grotesk zu sein, aber dennoch glaubwürdig - innerhalb der Film-Realität. Und dann setzten die Bond-Fanfaren ein und man nickte lächelnd: Er schafft es! Und es war klar, dass ihm die Frau, die ihn gerade noch liquidieren wollte, trotz (oder aufgrund?) des noch so dreisten Spruchs zum Schluss doch noch mit einem geschmachteten 'Oh James' um den Hals fällt. Und ich spiele dabei keineswegs nur auf die ganz alten Schinken an. Die Welt ist nicht genug ist zum Beispiel einer der neuzeitlichen Filme der Reihe, die auch genau diese Linie trifft. Ich finde, das hat aus einem Film einen Bond-Film gemacht, und wenn solche grundsätzlichen Eigenschaften fehlen, unterscheidet er sich nicht mehr von einem beliebigen, austauschbaren Agentenfilm (was nicht heißt dass dieser gleich ein schlechter Film ist!).
Interessanterweise habe ich meine genannten Argumente als Contra gegen den Reboot-Stil von einem Kumpel fast wörtlich als Pro gehört. Ist es nicht wunderbar und sonderbar zugleich, erfreulich und nervig, wie Geschmack und Empfindungen unergründlich sind?
Stilistisch hat mich auch gestört, dass immer noch diese Wechselstimmung von Urzeit-Bond zu Neuzeit-Bond so penetrant eingewoben wird. Die Einführung von Miss Moneypenny fand ich angenehm gelungen, aber dieses ständige unterschwellig in Dialoge, Aussagen und Bilder eingewobene Wechselmotiv find ich dann irgendwann fehl am Platz - denn wir befinden uns immerhin im dritten (!) Film nach neuer Zeitrechnung. Und das wirkt auf mich unentschlossen: Entweder mache ich jetzt neu und trenne mich von dem alten Gerümpel, oder fädele ich doch immer noch alte Wolle mit in den Webstuhl ein? Ich würde mir natürlich wünschen die Erneuerung durch Mischung würde funktionieren, doch das tut sie für mich persönlich leider nicht.
Aber wie gesagt - meine Bewertung des Films als Teil der Bond-Reihe ist eine andere als wenn ich ihn losgelöst betrachte. Was mir absolut gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass eine sehr gemäßigte Erzählweise in Bezug auf Kamera und Schnitt verfolgt wurde. Keine Extremhandkamera, keine Netzhaut-peitschenden Schnitte (was in Ein Quantum Trost nahezu grässliche Ausmaße angenommen hatte), sondern eine fast schon dokumentarische Verfolgung des Geschehens, ohne banal zu sein. Die Musik von Bond-Neuling Thomas Newman fand ich dabei stimmig und ordentlich. Und Javier Bardem hat mir gut gefallen als Schurke. Dieses tuntige ('immer dieses Gekämpfe') und dennoch bedrohliche und kaltblütige war astrein Bond-reif! Hat nur die geheime Unterwasserstation gefehlt.
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