Meine heutige persönliche Filmkritik:

Unstoppable
(2010)

Ist insgesamt auf einen kurzen Nenner zu bringen: Ein völlig banale Handlung (führerloser Zug) ohne jedwede Überraschungen, aber die Inszenierung macht daraus einen grandiosen Trip, der wirklich von vorne bis hinten die Höchstgeschwindigkeit hält. Ich mag Tony Scotts Stil ganz gern und er ist auch hier eindeutig erkennbar: Die tolle Kameraführung, in einem Maß handverwackelt um die Hektik 'sinnvoll' zu unterstützen, ohne Augenschmerzen zu verursachen oder die Wahrnehmbarkeit der Bilder an sich zu beeinträchtigen, wie das in zeitgenössischen Action-Produktionen leider gar nicht so selten vorkommt. Dazu nicht übertrieben zahlreiche Crash-Zooms und viel schöne lange Brennweite. Gefällt mir. An den richtigen Stellen rasant genug geschnitten aber auch mal 'ruhiger', was meist bedeutet, dass zwar die Schnittfrequenz niedriger wird, aber das Bild dennoch äußerst bewegt bleibt, und zwar durch ziemlich schnelle Kreisfahrten um das Objekt. Mitgefühl mit den Dolly-Schiebern. Paradebeispiel: Nahaufnahmen der Gesichter in einer Fahrt um das gesamte Führerhaus der Lok. Einzig bei der Pressekonferenz am Schluss war es mir einen Ticken zu hektisch. Interessant auch, wie viele verschiedene Varianten Kamera & Regie gefunden haben, einen vorbeifahrenden Zug zu zeigen ohne dass es langweilig wird. 

 

Dazu ein schöner unverfälschter gesättigter Look und eine angenehm 'laute' Tonspur in Bezug auf Sounddesign und Musik. Die hat mir sehr gut gefallen, weil sie nicht nur ballernd getrieben hat, sondern zwischendurch auch durchaus überraschende Stilelemente bot. Obwohl es prinzipiell gar nicht so mein Geschmack ist, empfand ich die Live-TV-Nachrichten gelungen eingeflochten. Dass die Inszenierung wirklich äußerst gekonnt ist und viel rausreißt, wird auch dadurch verdeutlicht, dass die ohnehin schon banale Handlung darüber hinaus noch genug Elemente bietet, die dermaßen klischeehaft und vorhersagbar sind, dass sie dem Filmerlebnis durchaus hätten schaden können: Der sture Depp, der das ganze Schlamassel durch unsagbare Dreistigkeit verursacht, der böse Vorstand, der nur Zahlen und Aktien im Kopf hat, der eheliche Konflikt des späteren Helden, und dass ihm das Weib zum Schluss natürlich doch wieder um den Hals fällt... Aber wie gesagt, die überaus gelungene Inszenierung tröstet darüber hinweg.

 

Ich kann mir vorstellen, der Film war produktionstechnisch aufwändiger als man vielleicht auf Anhieb sieht (neben dem ohnehin schon großen sichtbaren Aufwand an Personen, Polizei, Hubschraubern und ausgedehnten Locations, z.B. bei den Evakuierungen). Schließlich ist es ungleich (zeit-)aufwändiger, einen ganzen Zug für einen zweiten, dritten oder vierten Take mal eben zurückzusetzen, und es wird ja auch für Wochen kilometerweise freie Schienenstrecke benötigt, da man den regulären Verkehr nicht einfach über den Seitenstreifen umleiten kann. Nach dem was ich von deutschen und anderen Produktionen gelesen habe, ist das logistisch äußerst herausfordernd.

 

Zusammenfassend also durchaus angenehme Unterhaltung. Andererseits völlig unglaubwürdig, dass Captain Kirk jr. die Situation nicht auf Anhieb gelöst hat - der Zug fuhr schließlich nicht mal mit Warp...

Sascha Loffl - Filmemacher

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